Das Internet bietet heutzutage die kuriosesten Produkte zum Kauf an. Von A bis Z findet sich so gut wie alles, was einem nur einfällt. Da sind Armeepanzer, Skorpione oder auch männliche Samen kaum noch eine Überraschung. Auch jemand, der Lebensmittel online kaufen möchte, ist mit dem Internet gut beraten. Nun hat die Hamburger Hotelfachfrau Tatjana Müller ihre eigene Stillerfahrung zum Anlass genommen, Muttermilch als Online-Ware auf einer Muttermilchbörse anzubieten. Hier kann Muttermilch verkauft, getauscht oder verschenkt werden. Das klingt nach einem verfrühten Aprilscherz und führt zu heftigen Diskussionen.
Muttermilch von der virtuellen Amme
Die vielen Vorteile und Probleme des Stillens scheint Tatjana Müller zu kennen. Um Säuglinge auf einen innovativeren Weg mit Muttermilch zu versorgen, hat die zweifache Mutter vor wenigen Wochen die Muttermilchbörse gegründet. Hier können Frauen mit einem Inserat von 4,99 Euro im Vierteljahr ihre überschüssige Milch im Internet verkaufen, tauschen oder verschenken. Ebenso können Gesuche aufgegeben werden.
Anders als auf Marktplätzen wie eBay oder Amazon sei große Transparenz und Aufklärung rund um das Thema Stillen und Abpumpen wichtiger Bestandteil der Plattform. Die Transparenz sorge für eine Vertrauensbasis zwischen den Müttern. Beim Einstellen von Angeboten sollten Angaben wie Alter des Kindes, Krankheiten der Mutter, Raucher oder Nicht-Raucher nicht fehlen. Wie Stern.de berichtet, arbeite die Muttermilchbörse außerdem mit dem Institut für Milchuntersuchung (IfM) zusammen. Beim Blick auf die Sicherheitshinweise der Muttermilchbörse wird jedoch ersichtlich, dass diese Kooperation freiwillig ist und somit möglicherweise nicht bei jedem Verkauf durchgeführt wird.
Muttermilchbörse muss harte Kritik einstecken
Die Idee der Muttermilchbörse ruft bereits jetzt warnende Kritiker hervor. Besonders Wissenschaftler und Ärzte sind nicht überzeugt. Auf Stern.de lautet die Überschrift „Ärztin rät ab“. Gegenüber der Süddeutschen bezeichnet der Münchener Kinderarzt Professor Bernd Koletzko die Muttermilchbörse als „gemeingefährlich“, „absolut unverantwortlich“ und spricht im Zusammenhang mit dem Online-Verkauf der Muttermilch von „verhökern“.
Auf Gründerszene.de erklärt Christoph Bührer von der Berliner Charité: „Man kann mit Muttermilch auch gefährliche Krankheiten übertragen, wie etwa Hepatitis B, die bei Neugeborenen häufig in eine tödliche Leberzirrhose übergeht, oder HIV/Aids. Deshalb muss die Spenderin unbedingt getestet werden – wie ein Blutspender auch.“
Ebenso warnt der Bundesverband für Kinder- und Jugendärzte aufgrund möglicher Medikamenten- oder Drogeneinnahme der Spenderin davor, über die Muttermilchbörse oder ähnliche soziale Netzwerke im Internet mit der Babynahrung zu handeln.
Die Gründerin akzeptiert die negativen Reaktionen und sei sogar froh über Diskussionen. Sie plane jedoch nicht, sich von ihrem Weg abbringen zu lassen. Mit vereinzelten positiven Feedbacks im Rücken, der Entsagung ihrer Verantwortung für Gesundheitsrisiken sowie dem Rat an die Händlerinnen, die Milch vor dem Gebrauch zu testen, will Müller ihre Muttermilchbörse weiterhin betreiben.